Dienstag, 31. August 2010

Angst: Forscher können Behandlungserfolg vorhersagen

Die psychiatrische Forschung ist dank modernster Computertomografen inzwischen in der Lage, Behandlungserfolge bei Angststörungen vorherzusagen. Damit haben sie inzwischen mit guten Hypnosetherapeuten gleichgezogen.
Das Cingulum beherbergt eine Art Mediator
für unsere Gefühle (wie Angst, Lust etc.)
Grafik: Wikipedia


Mit Behandlung im Sinne der Psychiatrie ist das Einnehmen nebenwirkungsreicher Antidepressiva wie Venlafaxin gemeint.

Mit Erfolg im Sinne der Psychiatrie ist gemeint, dass eine bestimmte Hirnregion (das anteriore Cingulum), die bei vielen Angstpatienten besonders stark reagiert, wenn sich Beunruhigendes auch nur ankündigt, nicht mehr so stark reagiert, wenn das Medikament regelmäßig genommen wird, und zwar mindestens acht Wochen lang.

Diese Hirnregion, das anteriore Cingulum, spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Gefühlen generell (hier befindet sich auch das Kontrollsystem unseres Bewusstseins - welche entscheidende Rolle dies in der Hypnose spielt, lesen Sie hier).

Mit Venlafaxin werden also im günstigsten Fall Ängste gedämpft, in jedem Fall aber auch jede Menge andere Gefühle (etwa die Libido). Dies alles geht aus einem Experiment von Ph. D. Jack B. Nitschke und Kollegen hervor, von dem diese im American Journal of Psychiatry berichten. Der Versuchsaufbau war simpel.

Angstpatienten und "gesunde" Versuchspersonen bekamen neutrale und negative Bilder gezeigt. Diese aber wurden mit einem Symbol ("-" für negativ, "o" für neutral) angekündigt. Die Reaktionen (sichtbar gemacht durch einen Tomographen) auf die Bilder selbst waren zwischen beiden Gruppen identisch, die Reaktionen auf die Vorankündigung ("-" oder "o") aber stark unterschiedlich! Der Mandelkern (auch wieder so eine Region im Gehirn) reagierte bei Angstpatienten deutlich stärker als bei sogenannten Gesunden. 

(Das ist eine Nebenerkenntnis aus diesem und anderen Tests: Ängstlichkeit ist offenbar kein Phänomen der unmittelbaren Reaktion auf etwas, sondern eine Erwartungshaltung.)  

Also nochmal: Angstpatienten reagieren immer stark im Mandelkern, aber nur die, bei denen dann auch noch das anteriore Cingulum ordentlich Betrieb aufweist, dürfen sich Hoffnung machen, dass sie bei Einnahme von Venlafaxin nicht nur in den Genuss der Nebenwirkungen, sondern auch in den der Hauptwirkung kommen (kaum noch Ängste, kaum noch Lust). 

Jetzt bekommen die Forscher mehr Geld, um noch genauere Vorhersagen treffen zu können. 

Aviophobie (Angst vorm Fliegen)
hatten die Gebrüder Wright nicht
Ich bin Ihnen noch einen Beleg schuldig, nämlich den Beleg für die Behauptung, Hypnosetherapeuten könnten bei Angststörungen Behandlungserfolge prognostizieren. Das klingt Ihnen arg vermessen? Wozu dann die Forschung, die doch überflüssig wäre? 

Unterscheiden wir zunächst sogenannte isolierte Phobien (Phobie = Angststörung) vom Rest (das sind logischerweise nicht-spezifische Phobien, und zwar Agoraphobien und soziale Phobien sowie Panikstörungen und generalisierte Angststörungen). Isolierte Phobien gibt es wie Sand am Meer, alles kann bei geeigneter Konstellation zum Auslöser für eine handfeste (isolierte) Phobie werden. Bekannte Vertreter sind Höhenangst, Angst vor Spinnen, Flugangst, Angst vor Dunkelheit, vor Hunden, Angst vor wilden Tieren, Platzangst, Angst vor engen Räumen (Klaustrophobie), ja es gibt sogar Phobien vor Wolken, auf Toilette zu gehen, jemanden in die Augen zu schauen. Wenn Sie einmal nachlesen wollen, hier gibt es eine (immer noch nicht vollständige) Liste

Zemmiphobie (Angst vor Maulwürfen) gibt es, und scheint
nachvollziehbar - alles eine Frage der Perspektive.
Fotos (Wrightflyer, Maulwurf): Wikicommons
Das alles ist immer verbunden mit mehr oder weniger heftigen, körperlichen wie psychischen Reaktionen, die einen letztlich handlungsunfähig machen und die den jeweiligen zuweilen recht stark in seinem Leben beeinträchtigen.  

Diese isolierten Phobien lassen sich häufig in nur einer Hypnosesitzung "abstellen" oder, in schweren Fällen, auf einen Bruchteil der Reaktion "herunterfahren". In weiteren Sitzungen (meist nicht mehr als drei oder vier Sitzungen) können auch noch "Phobiereste" ausgeräumt werden, und ist man einmal auf diesem Stand, so werden Sie auf Jahre, wenn nicht auf viele Jahrzehnte, endlich Ruhe haben. 

Tückischer ist es, wenn aus einer kleinen Angst eine große wird, wenn sich Ängste generalisieren. Das ist mit einem Schneeballsystem zu vergleichen. Am Anfang gab es nur eine Situation, in der die phobische Reaktion ausgelöst wurde. Im Laufe von Monaten und Jahren kommen immer mehr auslösende Faktoren hinzu. Schleichend, zunächst unbemerkt, irgendwann unerträglich. 

Kommt Ihnen bekannt vor? Haben Sie Zweifel, ob sie nicht selbst bereits zu den "krankhaft Ängstlichen" zu zählen sind? Das kann jeder, der des Englischen mächtig ist, hier testen, wer es lieber Deutsch mag, hier (aber Vorsicht, die Auswertung, die die deutsche Psychologin des weltweit eingesetzten Fragebogens nach W.W.K. Zung zur Verfügung stellt, ist fehlerhaft. Nach der deutschen Auswertung stünden ab sofort gesunde Menschen Schlange vor den Praxen der Psychotherapeuten. Die korrekten Zahlen finden Sie hier. Und wo wir grad beim Thema sind - es gibt von Zung (der wissenschaftlich etabliert ist, sonst würde ich ihn hier nicht erwähnen) auch einen online-Depressionstest.  Dass Depressionen und Ängste zusammenhängen, wird den meisten bekannt sein. 

Bei generalisierten, nicht spezifischen Ängsten hilft es nicht, die üblichen Phobielösungsmodelle für isolierte Phobien einzusetzen, ob EMDR, das NLP-Phobiemodell oder Moshe Zwang (allenfalls, um symptomatisch die gröbsten Übel schnell, wohl aber nicht dauerhaft in den Griff zu bekommen) - hier muss grundsätzlicher gearbeitet werden. Und zwar mit Rückführungs- bzw. Regressionstechniken, oder mit speziellen TimeLine-Verfahren. Auf diese Weise kommt man zum ersten, auslösenden Moment. Der kann in der Kindheit, in den ersten Lebensmonaten, ja sogar in der Vergangenheit der Ahnen liegen. 

Inzwischen wissen Evolutionsgenetiker, wie sich auch Gefühle über die DNA von Generation zu Generation fortpflanzen können. Trotz der Schwierigkeit, dem Ursprung der Angst beizukommen, mit den genannten hypnotischen Verfahren gelingt es meist. Uns sind nur sehr wenige Fälle bekannt, bei dem diese Verfahren nicht gewirkt hätten. Und mit Wirkung meinen wir, dass das subjektive Beeinträchtigungsempfinden auf einer Skala von 100 Punkten um mindestens 80 auf unter 20 Punkte sinkt, und zwar nebenwirkungsfrei (die einzige Nebenwirkung ist die Neuentdeckung des lebenswerten Lebens). 

Aber Statistiken (klicken Sie mal oben auf die Überschrift) sind das eine, überzeugender sind manchmal Schicksale, etwa das von Manuela K.

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