Donnerstag, 21. Juni 2007

Serie Alternativmedizin: Bachblütentherapie

1 Leonardo – Wissenschaft und mehr
Sendedatum: 5. Juni 2007
Serie Alternativmedizin: Bachblütentherapie
Heather, Hornbeam und Honeysuckle
von Christiane Tovar

Sprecher: England in den 30er Jahren. In der Morgendämmerung streift ein Mann durch nebelverhangene Wälder. Er ist auf der Suche – auf der Suche nach Blüten. Der Mann ist Dr. Edward Bach und die Blüten, die er vorsichtig pflückt, sind nicht irgendwelche:
O-Ton Bach:
„Das wichtige ist, dass es sich auf keinen Fall um Nahrungsmittel handelt und auch nicht um Zuchtpflanzen, sondern es geht genau nur um Pflanzen, die wild wachsen und die nicht weiter verwertbar sind, im Sinne von Nahrungsmitteln zum Beispiel."
Sprecher: Erzählt fast 80 Jahre später die Ärztin für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren, Ulrike von Campenhausen. Vor ihr auf dem Schreibtisch – in einem Raum mit lindgrünem Teppich und viel hellem Holz – steht eine Schachtel mit 38 Fläschchen. Es ist der Bachblütensatz, also ein Standardsortiment von Blütenessenzen. Auf den Etiketten liest man so klangvolle Namen wie Sweet Chesnut, Aspen und Wild Oat. Alle Blüten werden bis heute ausnahmslos in England geerntet, bevor man sie weiter verarbeitet und mit Alkohol konserviert.
O-Ton von Campenhausen:
„Es geht nur um die Blüten weil die Blüte die energetisch reichste Form der Pflanze ist. Es werden eben nur diese Blüten gesammelt und zwar morgens vor 9 Uhr, wenn sie so die ganze Kraft der Nacht, die Extrakte, die die Pflanze aus dem Boden zieht und in die Blüte transportiert, wenn sich das dort energetisch versammelt hat, dann sollen sie gepflückt werden."
Sprecher: Energien spielen auch bei der weiteren Verarbeitung eine wichtige Rolle, erklärt Frau von Campenhausen.
O-Ton von Campenhausen:
„…dass sie eben dann in Quellwasser reingelegt werden und dann 3-4 Stunden in der Sonne stehen. Durch die Sonnenenergie und durch die Energie des Wassers wird so zu sagen die Energie der Pflanze, der Blüte auf das Wasser übertragen und von der Sonne noch mal energetisch potenziert.
Das ist etwas anders, als in der Homöopathie, weil in der Homöopathie findet die Filterung durch Verschütteln statt."
Sprecher: Parallelen gibt es trotzdem. Auch Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, setzte hoch verdünnte Mittel ein. Bevor sich Bach den Blüten zuwandte, arbeitete er im „Royal London Homeopathic Hospital". Auch die Psychoanalyse hatte Einfluss auf sein Konzept. In Anlehnung an C.G. Jung legte Edward Bach bei der Entwicklung seiner Therapie verschiedene Persönlichkeitstypen zugrunde und ordnete jeder der 38 Blüten – rein intuitiv - ein „Einsatzgebiet" zu. So soll zum Beispiel Cherry Plum Verlustangst bekämpfen und Water Violet Überlegenheitsgefühle dämpfen. An dieser Liste orientiert sich auch Ulrike von Campenhausen, wenn sie für einen Patienten die Essenzen auswählt:
O-Ton von Campenhausen:
„Also es gibt unterschiedliche Methoden, die übliche ist die, das man eine Anamnese macht. Man erfragt die Probleme und kann dann auf diesem Wege zu einer Blüte kommen."
Sprecher: Doch es gibt noch einen anderen Weg zur Blüte, sagt die Ärztin:
O-Ton von Campenhausen:
„Bei Kindern wird es häufig so gemacht, dass man Kinder einfach greifen lässt, weil Kinder ja noch wenig oder gar nicht gestört sind, von ihrem Stoffwechsel her. Dann greifen die dahin und greifen sich schon die richtige raus."

Sprecher: Auch auf die Frage, ob diese Art des Selektierens nicht völlig willkürlich sein könne, hat die Naturheilkundlerin eine Antwort:
O-Ton von Campenhausen:
„Nein das ist es nicht, vor allen Dingen Kinder greifen sich nicht irgendeine raus, sie greifen sich schon die raus, die mit ihnen was zu tun hat. Das passiert über das Resonanzprinzip, jeder Stoff hat ja eine Schwingung, ein eigenes elektromagnetisches Feld."
Sprecher: Diese Schwingungen sind es denn auch, mit denen Edward Bach die Wirkungsweise der Blüten erklärte. Dazu schrieb er 1934:
O-Ton Sprecher:
„Bestimmte wild wachsende Blumen, Büsche und Bäume höherer Ordnung haben durch ihre hohen Schwingungen die Kraft, unsere menschlichen Schwingungen zu erhöhen und unsere Kanäle für die Botschaften unseres spirituellen Selbst zu öffnen; unsere Persönlichkeit mit den Tugenden, die wir nötig haben, zu überfluten und dadurch Mängel auszuwaschen, die unsere Leiden verursachen."
Sprecher: Und tatsächlich berichten immer wieder Menschen von der wundersamen Kraft der Blüten – so wie dieser Patient:
O-Ton Patient:
„Ich habe die tolle Wirkung von den Bach-Blüten festgestellt. Ein dreiviertel Jahr wirklich Schmerzen zu haben, dass sie nachts geweint haben. Sie haben etliche Orthopäden gehabt und ich nehme einfach nur diese Tropfen und nach 14 Tagen bin ich schmerzfrei, aber fragen sie mich bitte nicht, warum das so gewirkt haben soll."
Sprecher: Diese Frage geht an Prof. Jürgen Windeler. Er überprüft die Wirksamkeit medizinischer Therapien für die Spitzenverbände der Krankenkassen und kennt Untersuchungen zur Bach-Blütentherapie.

O-Ton Windeler:
„Das Ergebnis war, dass sich Bach-Blüten in keiner Weise von einem Scheinpräparat, von einem Placebo unterscheiden, dass also keine spezifische Wirksamkeit zu erwarten ist."
Sprecher: Zum gleichen Schluss kommt auch Prof. Edzard Ernst, der an der Universität Exeter die Wirksamkeit alternativer Heilmethoden erforscht. Er hat sich anderem mit den besonders populären „Rescue-Tropfen" beschäftigt – also mit ‚Notfall-Tropfen, die in Stress-Situationen helfen sollen. 100 Studenten, die unter Examensstress litten, nahmen bei der Untersuchung Bachblüten-Essenzen ein. Ernst stellte ebenfalls einen Placeboeffekt fest. Mit anderen Worten: Die Rescue-Tropfen hatten ebenso so gut beziehungsweise ebenso schlecht gegen Prüfungsangst geholfen wie ein Scheinmedikament. Bleibt noch die Frage nach den Nebenwirkungen:
O-Ton Ernst:
„Die Gefahren sind sicherlich bei einem Mittel, was keine eigentlichen Bestandteile hat und was dann höchstens aus mehr oder weniger konzentriertem Alkohol besteht, möglicherweise in diesen Mengen Alkohol zu sehen. Das will ich aber wirklich nicht überstrapazieren."
Sprecher: Eine direkte Gefahr geht also nicht von den Bach-Blüten aus, aber: sie helfen auch nicht gezielt gegen bestimmte Krankheiten, sagen Wissenschaftler, die auf Ergebnisse verschiedener Studien vertrauen. Und sie ergänzen: wer sich mit den Blütenessenzen trotzdem besser fühlt, profitiert ausschließlich vom Placeboeffekt.

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