Donnerstag, 6. September 2007

Brustkrebs: Präoperative Hypnose spart Anästhetika und Kosten

New York – Eine kurze Hypnose vor der Brustkrebsoperation senkte in einer randomisierten kontrollierten Studie im Journal of the National Cancer Institute (JNCI 2007; 99: 1304-1312) den Bedarf an Anästhetika und verkürzte die Operationsdauer. Postoperativ gaben die Frauen weniger Schmerzen an, und die Klinik sparte Kosten. Kein Humbug, meint ein Kommentator.Im Jahr 1846 berichtete der schottische Chirurg James Esdaile, dass er mithilfe von Hypnose in Indien zu 80 Prozent schmerzfreie Amputationen durchgeführt habe. Niemand glaubte ihm und als im gleichen Jahr in Boston die Äthernarkose erstmals Medizinern öffentlich demonstriert wurde, hob ein Chirurg hervor, dass dies im Gegensatz zum Mesmerismus Esdailles kein Humbug sei. Diese Anekdote beschreibt der Psychiater und Hypnoseexperte David Spiegel von der Stanford Universität im Editorial (JNCI 2007; 99:1280-1281), an der er eine Studie von Guy Montgomery vom Mount Sinai School of Medicine in New York kommentiert. Die Onkologen hatten 200 Brustkrebspatientinnen vor einer Exzisionsbiopsie (72 Prozent der Patientinnen) oder Lumpektomie (28 Prozent der Patientinnen) auf zwei Gruppen randomisiert. Bei einer Hälfte der Frauen (n = 105) wurde eine 15-minütige Hypnose durchgeführt, bei den anderen Frauen (n = 95) unterhielt sich der Hypnotiseur nur mit den Frauen. Die Hypnose begann mit der Aufforderung an die Patientin, sich zu entspannen und sich angenehme Bilder vorzustellen. Dann wurden die Gedanken auf eine Vermeidung von Schmerzen, Übelkeit und Erschöpfung gelenkt. Abschließend gab der Hypnotiseur den Patientinnen noch Tipps, wie sie diese Übungen selbst fortsetzen könnten.Diese ungewöhnliche „Prämedikation“ blieb nicht ohne Wirkung auf die Operation und die postoperative Erholung. Während des Eingriffs sank der Bedarf an Propofol (64,0 vs. 96,6 µg) und Lidocain (24,2 vs. 31,1 ml) gegenüber der Kontrollgruppe. Nach der Operation berichteten die Patientinnen auch über weniger Schmerzen (22,4 vs. 47,8 mm auf einer visuellen Analogskala VAS), weniger Unwohlsein (21,2 vs. 39,1 mm VAS), weniger Übelkeit (6,6 vs. 25,5 mm VAS), weniger Abgeschlagenheit 29,5 vs. 54,2 mm VAS), Unbehagen (23,0 vs. 43,2 mm VAS) oder emotionale Verstimmung (8,7 vs. 33,5 mm VAS). Keine signifikanten Unterschiede gab es hingegen beim Verbrauch von Fentanyl, Midazolam oder den Analgetika im Aufwachraum. Die Dauer der Operation war um 11 Minuten verkürzt.Nach Angaben von Montgomery kostet eine Brustkrebsoperation am Mount Sinai Medical Center im Durchschnitt 8.561 US-Dollar. Die Hypnose senkte die Kosten um 772,71 US-Dollar. Es gebe also auch wirtschaftliche Argumente für die Hypnose, meint der Kommentator Spiegel, der allerdings – wohl zu Recht – mutmaßt, dass sich diese „älteste westliche Form der Psychotherapie“ in der heutigen Chirurgie wohl so schnell nicht durchsetzen werde. Dabei seien gerade Krebspatienten sehr empfänglich für Hypnose. Diese Menschen würden – aus einer berechtigen Sorge heraus – sehr aufmerksam auf Signale ihres Körpers achten und seien deshalb besonders schmerzempfindlich. Hypnose könne hier helfen und die Studie von Montgomery belege zweifelsfrei, dass es sich nicht um Humbug handelt.

Mittwoch, 29. August 2007© rme/aerzteblatt.de

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